Charakterstarker Klein-Betrieb: Die Brasserie de Blaugies

Firmenschild Brasserie de Blaugies, Portrait auf Bergers belgisches Bier-Blog

Die Brasserie de Blaugies ist eine Klein-Brauerei vor den Toren von Mons.

 

Die Dinge sind oftmals nicht, wie sie scheinen. Im Fall der Brasserie de Blaugies vermutet niemand, dass sich hinter unscheinbaren Wohnhäusern und Lagerhallen inmitten einer dörflichen Wohngegend ein zwar kleiner, aber dafür umso umtriebiger Bier-Produzent verbirgt. Braumeister Kevin Carlier führte mich stolz durch seinen Betrieb, der einige Überraschungen bot.

Außen-Gebäude Braustube Brasserie de Blaugies

Die Braustube der Brasserie de Blaugies wirkt unscheinbar. Wer es nicht weiß, vermutet dahinter eine Garage.

Das Dörfchen Blaugies (sprich: „Bloschie“), etwa 40 Auto-Minuten von Mons entfernt, ist ein typisches belgisches Dörfchen. Klein, verträumt und eher unspektakulär reihen sich die für die Provinz Borinage typischen zweistöckigen Häuser in rotem Backstein aneinander. Auffällig ist der Kontrast zwischen alter, halb verfallener Bausubstanz und neu gebauter Eigenheime, die sich in unregelmäßiger Folge abwechseln.

Am Ortseingang angekommen, führt mich der schwindelerregende Weg über viele kleine Sträßchen, Kurven und Ecken nach einer halben Ewigkeit endlich ans Ziel. Doch anstelle einer Brauerei, stehe ich plötzlich vor einem Gasthof, mitten in einer beschaulichen Wohngegend. „Restaurant Le Fourquet“ steht dort in großen Lettern auf einer Wand des ehemaligen Bauernhofs geschrieben. Erst auf den zweiten Blick entdecke ich darunter „Brasserie de Blaugies“.

Meine Cousine Bernadette, die mir an dem Tag als Pfadfinderin dient und sich auskennt, klärt mich rasch auf: Gasthof und Brauerei stehen unter der Leitung der Familie Carlier. Während sich Kevin Carlier ausschließlich ums Bier kümmert, führt sein Bruder Cedric das Restaurant. Ehe ich mich versehe, lenkt Bernadette meinen Blick auf ein stinknormales, einstöckiges Wohnhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dort prangt an einem Zaun neben der Garagen-Zufahrt das Firmenschild der Brauerei.

Sudkessel Brasserie de Blaugies
Sudkessel Brasserie de Blaugies.
Kanister Bierhefe Brasserie de Blaugies
Braustube Brasserie de Blaugies
Detail Braustube Brasserie de Blaugies
Tankanhänger Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Detail Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Verkorkungs-Abteilung Abfüllanlage Braserie de Blaugies
Etiketten Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
Schablone Abfüllanlage Brasserie de Blaugies
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Ein Sudkessel in der Braustube
der Brasserie de Blaugies.

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Ein weiterer Sudkessel in der Braustube
der Brasserie de Blaugies.

Ein weiterer Sudkessel in der Braustube
der Brasserie de Blaugies.

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BdB-Bierhefe

Ein Kanister mit Bier-Hefe.

BdB-Bierhefe
BdB-Braustube

Blick in die Braustube der Brasserie de Blaugies.

BdB-Braustube
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Detailansicht in der Braustube
der Brasserie de Blaugies.

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Mit dem alten Milch-Tankanhänger wird das Bier von der Braustube in die Abfüllanlage geschafft.

BdB-Tank-Anhaenger
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Blick in die Abfüllanlage der Brasserie de Blaugies

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Die Abfüllanlage ist U-förmig angeordnet.

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Detailansicht der Abfüllanlage
der Brasserie de Blaugies.

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In diese Maschine kommen die Flaschen hinein
und das Bier wird dort eingefüllt.

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Detail der Abfüllanlage der Brasserie de Blaugies.

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In diesem Abschnitt werden die Flaschen verkorkt.

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An diesem Abschnitt erhalten die verkorkten Flaschen
die Agraffe (das Drahtgebinde).

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Detail der Agraffen-Aufsetz-Maschine.

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Im letzten Schritt werden schließlich die Etiketten automatisiert auf die Flaschen geklebt.

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Die Flaschenschablone zum Transport der Bierflaschen
in der Abfüllanlage ist selbstgebaut.

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Puppenstube trifft Industrie

Wir bewegen uns in Richtung Haustüre  – Bernadette und Kevin sind alte Bekannte – und werden wenig später herzlich begrüßt. Und was folgt als nächstes? Anstelle eines separaten Gebäudes, in dem sich große Sudkessel, Maische-Bottiche und Gärbecken befinden, führt uns Kevin Carlier lediglich ein paar Schritte zum Anbau des Wohnhauses. Die eingangs erwähnte Garage entpuppt sich als Mini-Brauerei. Auf kleinstem Raum, der Platz für etwa vier PKW bieten würde, findet sich die komplette Anlage.

In dieser kleinen Hütte stellt Kevin Carlier vier verschiedene Biere plus eine besondere Sorte eigens für Weihnachten her. Im Vergleich zu großen Industrie-Betrieben hat diese Brauerei eindeutig Puppenstuben-Charakter. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Auf Nachfrage teilt mir Monsieur Carlier mit, dass aus dieser Anlage jährlich über 5.000 Hektoliter Bier fließen.

Für eine Klein-Brauerei ist das beachtlich. Das Bier wird dabei nicht nur im Restaurant ausgeschenkt. Seine Produkte führen viele regionale Supermärkte. Nicht ohne Stolz erzählt er, dass er seine Biere mittlerweile sogar auch weltweit verschickt: in die USA, nach Brasilien, nach Japan. Sein bekanntestes Bier ist "La Moneuse", dicht gefolgt von La Bière Darbyste und Saison d'Epeautre. Jüngster Zuwachs im Portfolio ist "La Vermontoise". Dabei handelt es sich um eine Kooperation mit dem amerikanischen Brau-Kollegen Shaun Hill (Hillfarmstead Brauerei, USA). Nur zu Weihnachten wird schließlich die Sonderedition "La Moneuse Spéciale Noel" gebraut.

Zum Bier brauen ist Kevin Carlier über einen halben Umweg gekommen. Sein Weg führte ihn zunächst in ein Studium der Bio-Technologie. Später, als es um das Weiterführen des Braubetriebs ging, den sein Vater 1988 gründete und bis dahin unterhielt, ließ er sich in München das Brauerei-Handwerk beibringen. Während er dies erzählt, schleicht sich ein ehrfurchtsvoller Unterton in seine Stimme, begleitet von einem Loblied über das deutsche Bier-Know-how.

Vier Biersorten aus einer Mini-Anlage

Kevin Carlier Braukessel Brasserie de Blaugies

Braumeister Kevin Carlier inmitten seiner Braukessel.

Bier produzieren ist das eine, Bier abfüllen jedoch das andere. Ehe ich mich versehe, lenkt der Braumeister meinen Blick auf einen alten Tankwagen-Anhänger. Der steht eher verborgen draußen neben der Brauanlage. Mit diesem Gefährt, das einst zum Transportieren von Milch diente, schafft der Belgier das fertig gebraute Bier in die eigene Abfüllanlage auf der gegenüberliegenden Seite der Straße.

Nach wenigen Schritten kommen wir in eine moderne Lagerhalle, deren Fläche gefühlt 20-mal so groß ist wie die Brauanlage. Auffällig ist ein robuster Kunststoff-Vorhang, der den Innenraum halbiert. Der vordere Teil dient als reines Lager, im hinteren Teil ist die Abfüllanlage aufgestellt. Mit einem Mal erklärt sich auch der Sinn und Zweck des Vorhangs.

Die u-förmige Anlage besteht im Wesentlichen aus einer weit ausholenden Transportstraße. An einem Ende des „U“ ist eine Vorrichtung zum Einsetzen der leeren Flaschen. Von dort gelangen diese in das Innere einer Maschine. Ob darin die Flaschen vor dem Abfüllen gereinigt werden, ist nicht ersichtlich. Bei meinem Besuch steht die Anlage still. Am anderen Ende dieser Maschine führt die Transportstraße heraus. Dort erhalten die gefüllten Flaschen in weiteren Zwischen-Stationen ihren Champagner-Korken, die Agraffe wird aufgesetzt und verzwirbelt und natürlich auch die Etiketten aufgeklebt. Am Ende der Transportstraße stehen die fertigen Flaschen für das manuelle Einsammeln und Verpacken bereit. Und auf einmal verwandelt sich die Puppenstuben-Brauerei in einen beinharten, automatisierten Industriebetrieb.

Alltäglich: Exporte nach Übersee

Ansicht Lagerhalle/Abfüllanlage Brasserie de Blaugies

Die Abfüllanlage befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite in einer eigenen Halle.

Nicht ohne ein Glänzen in den Augen berichtet mir der Braumeister, dass die Anlage, Baujahr 1973, aus Deutschland ist. Voller Stolz kündet er von den Kohlen in den Elektro-Motoren, die immer noch so frisch sind wie am ersten Tag. Das ist noch Wertarbeit. Wenig später zeigt er mir noch ein selbstgebasteltes Holz-Rad mit halbrunden Einbuchtungen. Es dient zum passgenauen Weitertransport der Flaschen. Die Maschine ist nicht auf das Befüllen von Champagner-Flaschen ausgelegt. Dies schaffte Kevin Carlier erst nach weiteren Modifikationen.

Ein weiteres interessantes Detail dreht sich um das Verschließen der Flaschen. Die Brasserie de Blaugies setzt aus technischen Gründen auf Champagner-Korken. Das Aufsetzen von Kronenkorken erfordert hohen Druck. Druck, den die altehrwürdige Anlage nicht mehr leisten kann. Ich selbst bin darüber gar nicht unfroh. Denn eine 0,75-Liter-Flasche mit Champagner-Korken wirkt zumindest für mich immer noch ungleich wertiger als das Pendant mit Kronenkorken.

Nach etwas über einer Stunde beenden wir unseren Rundgang. Wir setzen zu einem kurzen Besuch des Restaurants an und einem kleinen Plausch mit den Eltern von Kevin Carlier. Die Brauerei verlasse ich selbstverständlich nicht ohne Souvenirs. So lade ich mir zum Abschluss eine gehörige Ladung jeder Bier-Sorte der Brasserie de Blaugies ins Auto.

Weitere Infos: www.brasseriedeblaugies.com; Brauerei-Besichtigungen (einzeln oder in Gruppen) sind nach telefonischer Voranmeldung kostenlos möglich.

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